Ständig gestresst? Diese Folgen kann zu viel Stress für Deine Gesundheit haben

 

“Ich bin so gestresst!” 

Sei ehrlich: Wann ist Dir dieser Satz das letzte Mal durch den Kopf geschossen? Oder vielleicht sogar aus dem Mund gerutscht?  

Falls das nicht allzu lange her sein sollte, befindest Du Dich leider in allerbester Gesellschaft. 

Stress geht uns alle an

Immerhin gaben insgesamt 89% der befragten Erwachsenen laut einer Studie von Swisslife und YouGov im April 2021 an, in den letzten Monaten gestresst gewesen zu sein. Unter den befragten Frauen waren es sogar 93%.  

Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Nur ein Einziger von 10 Erwachsenen konnte von sich behaupten, nicht unter Stress gelitten zu haben. 

 
 

“Na und?!” denkst Du Dir vielleicht insgeheim. “Wenn es allen Anderen auch so geht, scheint es ja nicht so schlimm zu sein…” 

Tja, falsch gedacht!

Patienten über Patienten …

Was glaubst Du? Aus welchen Gründen und mit welchen Erkrankungen gehen die meisten Menschen zum Arzt? 

Auch wenn im Wartezimmer - gerade in der jetzt so langsam anstehenden kälteren Jahreszeit - gefühlt alle Deine Sitznachbarn husten, prusten, niesen und sich geräuschvoll die Nase putzen, täuscht dieser Eindruck. 

Denn es sind nicht (mehr) die Infektionskrankheiten, die die Arztpraxen scharenweise füllen. 

Die Infektionskrankheiten sind nicht (mehr) Schuld daran

Das war im letzten Jahrhundert noch ganz anders. 

Bis ins 20. Jahrhundert hinein waren all die Infektionskrankheiten, die man heute bestenfalls noch aus der Fernsehserie “Charité” oder den Erzählungen der Großeltern kennt, Todesursache Nummer 1.

Erst durch die Entdeckung des Penicillins durch Alexander Fleming, das gerade mal seit 1942 auf dem Markt ist, waren bakterielle Infektionen überhaupt irgendwie in den Griff zu kriegen. 

Und erst die Entwicklung von Impfstoffen hat dazu geführt, dass viele tödliche Erkrankungen wie z.B. die Diphtherie, die Tuberkulose oder Tetanus deutlich zurückgedrängt und die Pocken sogar ganz ausgerottet werden konnten. 

Nun gut, Infektionskrankheiten sind also nicht mehr der häufigste Anlass einen Arzt aufzusuchen. Aber was dann?

Zugegeben, das war eine rhetorische Frage. Spätestens nachdem Du den Titel dieses Blog-Artikels nochmal gelesen hast, ist Dir die Antwort doch längst klar … 

Willkommen in der Blütezeit der Stressfolgeerkrankungen 

Richtig: Es ist der Stress!

Tatsächlich weiß man mittlerweile, dass die Mehrzahl der Erkrankungen und Anlässe, die Menschen dazu bewegen zum Arzt zu gehen, sich auf irgendeine Art und Weise mit zu viel Stress in Verbindung bringen lassen. 

Die Pole-Position der Todesursachen halten seit Jahren die Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dazu gehören u.a. der Herzinfarkt, die chronische Herzschwäche, der Schlaganfall oder der Bluthochdruck. 

Gerade die sogenannten “Volkskrankheiten”, zu denen neben den Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Beispiel auch der Typ 2 Diabetes oder das Übergewicht zählen, sind erschreckend häufig die Folge von einem zu stressbehafteten und ungesunden Lebensstil. 

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat Stress sogar zur “Health epidemic of the 21st century” und damit zum größten Gesundheits-Risikofaktor im 21. Jahrhundert erklärt. 

Und was ist mit COVID-19?

Vielleicht meldet sich jetzt gerade ein kleines Stimmchen in Deinem Kopf und Du denkst Dir “Hmm, nicht sehr weitsichtig von der WHO …” 

Und in Teilen gebe ich Dir da sogar Recht. 

Immerhin bestimmt seit fast zwei Jahren mit der Corona-Pandemie doch wieder eine Infektionskrankheit unseren Alltag und unser gesamtes gesellschaftliches Leben. 

Aber stell es Dir doch nur mal für einen klitzekleinen Moment vor. Wie sähe wohl die Lage aus, wenn nicht so unglaublich viele Menschen an den oben schon angesprochenen, viel zu häufig “hausgemachten” Volkskrankheiten leiden würden… 

Eben! Es gäbe viel weniger Risikopatienten und damit höchstwahrscheinlich auch viel, viel weniger schwere Verläufe und COVID-bedingte Todesfälle. 

Und wenn Du mich fragst, ob ich dieser ganzen Pandemie-Tristesse auch etwas Positives abgewinnen kann, dann ist es genau das: Dass die Gesundheitsförderung und Prävention  - und damit auch die Eigenverantwortung jedes Einzelnen - sich ganz langsam und zaghaft einen wichtigeren Platz in der öffentlichen Diskussion erobert. 

Doch was ist Stress überhaupt?

Wenn Du daran denkst, wann Du das letzte Mal gestresst warst, hast Du wahrscheinlich relativ schnell ein bestimmtes Bild vor Deinem inneren Auge: 

  • Deine nicht enden wollende und immer nur länger werdende To-Do-Liste... 

  • Der Zug, den Du unbedingt kriegen musst, der aber längst über alle Berge ist, wenn Du irgendwann endlich im Bahnhof einrollst...

  • Der Brief vom Finanzamt, der Dich an Deine noch nicht eingereichte Steuererklärung erinnert..

  • Dein Kind, das an der Supermarktkasse einen filmreifen Tobsuchtsanfall bekommt, weil in der Smarties-Packung aus einem unerfindlichen Grund nur 3 blaue und dafür viel zu viele rote Smarties sind... 

  • Das anstehende Mitarbeitergespräch mit Deinem Chef, der neulich schon so merkwürdige Andeutungen gemacht hat... 

So unterschiedlich diese Bilder auch sein mögen - sie alle haben etwas gemeinsam:
Sie lösen Stress bei Dir aus.

Die wissenschaftliche Definition von Stress

Hans Selye gilt als “Vater der Stressforschung” und hat in den 50er Jahren die physiologischen Reaktionen bei Stress in Tierversuchen untersucht. 

Laut seiner Definition ist Stress eine Reaktion auf einen bestimmten Reiz bzw. Stressor. 

Er kam zu der genialen Erkenntnis, dass die unterschiedlichsten Belastungen und Anforderungen - sprich Stressoren -  letztlich immer zu der gleichen nicht-spezifischen Reaktion des Organismus führen. 

Und zwar nicht einfach nur so aus Jux und Tollerei. Sondern mit dem klaren Ziel, dass der Organismus sich so an den Stressauslöser anpassen und bestmöglich darauf reagieren kann. 

Ein Glück - denn letztlich ist Stress natürlich ein unvermeidlicher Teil unseres Lebens und ohne diese Anpassungsfähigkeit wären wir allzu schnell passé.

 
 
 
 
 
 
 

Die physiologische Stressreaktion

Aber wie sieht denn nun diese schon seit Jahrtausenden letztlich immer gleich ablaufende Stressreaktion Deines Körpers aus?

 Am besten schauen wir uns das Ganze anhand eines Beispiels an, damit es nicht zu wissenschaftlich und abstrakt wird. 

Stell Dir also mal für einen Moment vor, Du hast Dich gemütlich mit Freunden getroffen. Irgendwie habt ihr die Uhr aus den Augen gelassen und der letzte Bus ist längst über alle Berge. Also bleibt Dir nichts anderes übrig, als mitten in der Nacht zu Fuß nach Hause zu marschieren. 

Mutterseelenallein machst Du Dich auf den Weg. Um eine Abkürzung zu nehmen, wagst Du Dich durch eine menschenleere Gasse. Und zwar in einem Stadtteil, in den Du schon tagsüber nur sehr ungern einen Fuß setzt. Ein wirklich gutes Gefühl hast Du dabei nicht, aber Du willst schließlich nach Hause. 

Gerade erst hast Du den mulmigen Gedanken “Was, wenn jetzt doch etwas passiert?!” mutig zur Seite geschoben - da knackt es hinter Dir plötzlich laut... 

Die Zeichen stehen auf Kampf oder Flucht 

Und schon geht es los! 

Ohne, dass Du darüber nachdenken musst, schüttet Dein Körper die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol aus und bereitet sich so auf “Kampf oder Flucht” vor: 

  • Das Herz pocht Dir bis zum Hals - sprich Herzfrequenz und Blutdruck steigen an - und Du atmest schneller. So wird das Blut noch besser mit Sauerstoff angereichert. Und gelangt schneller dahin, wo es hin soll: nämlich zum Gehirn und in die Skelettmuskulatur. Nicht ganz unpraktisch, wenn man nicht völlig kopflos das Weite suchen möchte! 

  • Gleichzeitig wird die Blutversorgung der Haut, sowie der Verdauungs- und Sexualorgane gedrosselt - im Moment wird das Blut für Wichtigeres gebraucht!

  • Mit dem Blut soll ja nicht nur genügend Sauerstoff, sondern auch genügend Glukose (=Nervennahrung!) im Gehirn ankommen. Damit das gelingt, wird die Aufnahme von Glukose in die Muskel- und Leberzellen gehemmt - eine kurzfristige Insulinresistenz und ein Anstieg des Blutzuckerspiegels sind die Folge. 

  • Deine Muskeln spannen sich an - bereit zu kämpfen oder zu fliehen!

  • Das Gerinnungssystem wird in Alarmbereitschaft versetzt - schließlich möchtest Du ja nicht verbluten, wenn Du im Kampf verletzt wirst, oder?

  • Auch das Immunsystem wird aktiviert - denn wenn Du zwar nicht verblutest, dafür aber an einer entzündeten Wunde zugrunde gehst, ist leider nicht viel gewonnen! 

  • Eine kleine Prise Cortisol verbessert Deine Hirnfunktion  - so kannst Du in einer stressigen Situation wie dieser schnell und fokussiert reagieren. 

  • Apropos Fokus: Wenn die Stresskaskade erstmal im Gange ist, fokussiert sich Dein Geist voll und ganz darauf, eine drohende Gefahr so schnell wie möglich zu erkennen.  Da wird dann schnell mal ein Stock für eine giftige Schlange gehalten - und die so wunderschön blühende Blume am Wegesrand komplett ausgeblendet. 

Chapeau für dieses Meisterwerk, liebe Evolution! 

Eine genial aufeinander abgestimmte und reibungslos funktionierende Angelegenheit, diese innerhalb von wenigen Momenten ablaufende Stressreaktion, findest Du nicht auch?!

Die pathologische Stressreaktion 

Nicht nur völlig genial - sondern in einer Situation, wie der eben beschriebenen, womöglich sogar lebensrettend. 

Erst recht, wenn Du das nächste Mal auf der Jagd mit Deinen Steinzeit-Kumpels Bekanntschaft mit einem Säbelzahntiger machst! 

Genau auf diese Situationen ist die Stressreaktion unseres nämlich Körpers ausgerichtet: 

  • Maximale Gefahr

  • Sofortiges Entscheiden und konsequentes Handeln ist gefordert

  • Durch kurzen Kampf oder erfolgreiche Flucht ist die Situation schnell wieder unter Kontrolle

  • Gefahr gebannt - also kein Grund mehr, sich jetzt nicht sofort wieder zu entspannen 

Der kleine, aber feine Unterschied zwischen der Steinzeit und unserer heutigen Alltagsrealität

Denk doch bitte nochmal kurz an die Situationen, die Dich im Alltag stressen. 

Na, fällt Dir irgendetwas auf? 

Genau! Die Steinzeit hatte zwar diverse andere Unannehmlichkeiten - aber ein ständiges Überschüttet-werden mit Anforderungen und ToDos gehörte ziemlich sicher nicht dazu. 

Von den Stressoren unserer heutigen Zeit (*ping - schon wieder 38 neue ungelesene E-Mails!*) geht zwar keine maximale Gefahr aus. Nur leider lassen sich die meisten auch nicht durch einen kurzen Kampf oder eine kurzentschlossene Flucht ausschalten. Und bevor Du die Gelegenheit hattest, Dich wenigstens kurz zu entspannen, klopft auch schon der nächste Stressor an. Oder die nächsten 73...

Und weißt Du, was besonders fatal ist? 

Für Dein Gehirn macht es noch nicht einmal einen Unterschied, ob Du einem echten Säbelzahntiger gegenüberstehst oder ihn nur mit Deinen sorgenvollen Gedanken vor Deinem inneren Auge hinauf beschwörst.

Es denkt sich “Gefahr ist Gefahr” und los geht die Stressreaktion. Punkt.

Chronischer Stress hat Auswirkungen auf Deinen Körper

In Dauerschleife ist die oben noch so hoch gelobte Stressreaktion dann doch nicht mehr so hilfreich! 

  • Der Blutdruck bleibt auf einem konstant hohen Niveau und (nicht nur) das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz und Nierenerkrankungen steigt

  • Das Verdauungssystem schätzt es gar nicht, zu lange als “unwichtig” degradiert zu werden - Verdauungsbeschwerden, wie Verstopfung, Blähungen und Reizdarm können die Folge sein

  • Auch die beeinträchtigte Funktion der Sexualorgane kann auf längere Sicht hormonelle Imbalancen und damit z.B. fehlende Libido oder menopausale Symptome zur Folge haben

  • Die kurzfristige wird zur langfristigen Insulinresistenz - und damit ist der Diabetes mellitus Typ 2 eigentlich vorprogrammiert 

  • Fragst Du Dich noch, warum Dein Nacken und Deine Schultern immer so verspannt sind und Du davon Kopfschmerzen bekommst? Grund dafür ist die ständige Muskelanspannung in Erwartung von Kampf oder Flucht!

  • Ein dauerhaft aktiviertes Blutgerinnungssystem erhöht das Risiko für all die Erkrankungen, die mit “verstopften” Gefäßen einhergehen, also z.B. für einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine Thrombose. 

  • Und auch ein stetig ackerndes Immunsystem bleibt nicht folgenlos, sondern kann zu chronischen Entzündungen oder auch Autoimmunerkrankungen führen. 

  • Auch wenn Cortisol kurzfristig die Hirnfunktion verbessern kann, weiß man mittlerweile, dass eine langanhaltende Ausschüttung besonders die Nervenzellen im Hippocampus - und damit den Bereich, der für Deine Erinnerungen verantwortlich ist - schädigt. 

  • Und zu guter Letzt: Ein Gehirn, das immerzu damit beschäftigt ist, die nächste Gefahr zu wittern und sich Sorgen zu machen, trägt langfristig ganz sicher nicht zu Deinem seelischen Wohlbefinden bei! 

Puuuuuuh...keine besonders erquicklichen Aussichten, oder?

Bloß nicht den Kopf in den Sand stecken!

Wenn ich mir die letzten Absätze nochmal durchlese, beschleicht mich irgendwie das Gefühl, hier eine Hiobsbotschaft an die Nächste gereiht zu haben…

Um ein gewisses Problembewusstsein zu schaffen, mag das ja vielleicht ganz förderlich sein. 

Aber ich persönlich halte wirklich überhaupt gar nichts davon, durch Angstmacherei und Schwarzmalerei zu einem gewünschten Verhalten motivieren zu wollen.

Das gehört für mich nämlich in die allerunterste Schublade der manipulativen Verkaufs-Tricks! 

Und mein Ziel ist es ganz sicher genauso wenig, dass Du jetzt resignierst und Dich widerstandslos in den Sog der unaufhaltsam dahin rauschenden Stressreaktion begibst. 

Lass uns doch mal die Perspektive wechseln!

Stattdessen möchte ich Dich viel lieber einladen, die Perspektive zu wechseln.

Kannst Du all den Dingen, die ich Dir in diesem Blogartikel erzählt habe, nicht vielleicht auch etwas Positives abgewinnen? 

Ich kann es auf jeden Fall! 

Denn Du darfst bei all dem nicht vergessen: Du bist Deinem Geist und auch Deinem Körper ja nicht völlig ohnmächtig ausgeliefert.

Selbst, wenn es sich manchmal vielleicht so anfühlen mag…

  • Du kannst Dich immer wieder neu dafür entscheiden, konstruktiv mit den (letztlich ja unvermeidlichen) Stressoren in Deinem Alltag umzugehen. 

  • Du kannst lernen, Deine imaginären Säbelzahntiger zu zähmen. 

  • Du kannst durch ganz bewusste Entspannungspausen dafür sorgen, dass eine Stressreaktion nicht nahtlos in die Nächste übergeht. Sondern dass Dein Stresshormon-Orchester stattdessen auch mal die Gelegenheit bekommt, zu verstummen. 

Mit all den Möglichkeiten, konstruktiv mit Deinem Stress umzugehen, hast Du einen riesengroßen Hebel in der Hand, Deine Gesundheit positiv zu beeinflussen! 

Kein Wunder, dass sich in der Mind-Body-Medizin ganz viel um das Thema Stressbewältigung dreht, oder?

Deine Stresskompetenz kann der entscheidende Hebel und eine echte Chance für Dich sein, gut für Dich und Deine Gesundheit zu sorgen und so Dein Wohlbefinden selbst in die Hand zu nehmen!

War Dir schon bewusst, welche Auswirkungen chronischer Stress auf Deine Gesundheit haben kann?

Was nimmst Du für Dich aus diesem Artikel mit? Erkennst Du Deine Chance?

 
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